Geisterbahn

… Rauskommfeier zur neuen CD …

Jan Seghers & Atilla Korap: Ein kleiner Abend Glück
… Dienstag, 31.März 2009, 20 Uhr, Stalburg Theater, Glauburgstr. 80, Frankfurt/Nordend …
… Karten unter 069-25627744 oder unter info@stalburg.de oder unter www.stalburg.de


Donnerstag, 26. Februar 2009
– Vieruhrsiebenunddreißig, vierkommanull Grad. Geht voran.

“Für das Gemeinwesen wird Silvio Berlusconi seine vorhandenen rhetorischen Fähigkeiten sicher nie einsetzen. Aber gerade diese maliziös zersetzende Gabe fasziniert”, schreibt FAZ-Leser Uwe G. in einem Online-Kommentar. Nein, stimmt gar nicht, der Mann, der ihn so fasziniert, heißt nicht Silvio Berlusconi. Sondern? Genau: Roland Koch.

Und ein besonders widerliches, weil berlusconihaft-verlogenes Interview mit jenem Roland Koch war gestern in der FAZ zu lesen, in welchem der hessische Ministerpräsident mit brachialer Macht die Ablösung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender betreibt und dies mit gesunkenen Zuschauerzahlen begründet. Als seien es nicht er und Seinesgleichen gewesen, die dem Blut- und Blödfernsehen der Privatsender mit ebensolch brachialer Macht den Weg bereitet und so die mediale Landschaft und die Köpfe der Zuschauer auf Dauer verheert hätten.

Und hier noch die Wahrheit: “Das ZDF war im Januar mit einem Marktanteil von 14,3 Prozent das meistgesehene Fernsehprogramm in Deutschland. Der öffentlich-rechtliche Sender sicherte sich die Spitzenposition mit deutlichem Vorsprung vor RTL (12,6 Prozent) und dem Ersten Programm der ARD (12,5). Das ZDF konnte sich gegenüber Dezember 2008 um 1,4 Prozentpunkte verbessern, gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,8 Punkte. Im abgelaufenen Monat erreichte das ZDF den höchsten Marktanteil in einem Januar seit 2002. ” (Funkkorrespondenz Nr. 7 vom 13. Februar 2009)

Abends auf 3sat in “Kulturzeit” ein Beitrag über Skandale. Von zwei Skandalen ist dort allerdings keine Rede:
1. Nicht von dem oben genannten, denn Roland Koch ist stellvertretender Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates, und somit auch eine mächtige Figur für die Mitarbeiter von 3sat.
2. Und nicht von dem obszönen Buch, das Tilman Jens über seinen demenzkranken Vater geschrieben hat, denn die skandalistisch aufgesteilten Schmuddelstücke dieses Journalisten sendet auch “Kulturzeit” gerne.

Später French Connection, Originalfassung mit englischen Untertiteln. Verstehen tut man so gut wie nichts und zum Mitlesen hat man keine Zeit, weil man ja aufs Bild achten muss. Und ich hatte völlig vergessen, wie unglaublich viel es in diesem Film zu sehen gibt.

Am 26. Februar 1933 wurde der sozialdemokratische Buchdrucker Berthold Haupt während einer Demonstration in Dresden von einem Polizisten erschossen.

Mittwoch, 25. Februar 2009 – Siebenuhrzweiunddreißig, doch wieder minuseinskommazwei. Aber die Sonne!

Und dann noch diese schöne, neue Seite, die Atilla gebaut hat – bis Hugo rief. Mal sehen, ob ich es schaffe, die Fotos so zu verwalten, wie er es (nein, nicht Hugo!) vorgeschlagen hat. Fürchte aber, dass ich diese Ordnerstruktur mal wieder nicht verstehe. Wie ich überhaupt noch nienieniemals irgendwelche ORDNERSTRUKTUREN verstanden habe.

Stunden später: Nee, sag ich doch, ich krieg’s nicht hin.

Christian Schad ist tot – und eins sicher: Wenn ich das nächste Mal durch Keilberg komme, werde ich sein Grab besuchen.

Freitag, 20. Februar 2009 – Fünfuhrdreizehn, nullkommadrei Grad, seit halbvier wach. Welt: verschneit. Selbst: Verrotzt.

Gestern mit Rainer zur Odeon Film im Wald über Wiesbaden. Riesiges Gelände. Der Pförtner kommt aus seinem Häuschen.
“Wo wollen Sie hin?”
“Zu Herrn Fichtner von der Odeon Film!”
“Wie heißt der? Fichtler?”
“Fichtner, Haus H.”
“Ach so, ja. Bei uns haben die Häuser alle Buchstaben. Das hier drüben mit dem A, das ist zum Beispiel das Haus A. Fahren Sie einfach die Straße weiter, bis Sie ein großes H sehen. Das ist dann das Haus H.”
“Ach so. Vielen Dank!”

Bekenntnisse aus den Feuchtgebieten des Netzes: “Ich mag es, wenn er seine stoppelige Wange sanft über meine Muschikatze reibt.”
Warum, fragt man sich, nicht gleich: Muschikatzenpussymöse?

Heute im Angebot, alles echt, alles alt:
1. “Uralt: Echt antiker Bilderrahmen, mindestens 30 Jahre alt.”
2. “Barocker echtholz Bilderrahmen aus den 20er Jahren.”
3. “Spiegel, echt Jugendstil, wahrsch. 50er Jahre.”

Bald gibt’s eine neue Website. Ätschikolätschi.

Das deutsche “Vanity Fair” ist eingestellt worden. Mir kommt es vor, als hätte ich das bereits vor zwei Jahren gewusst.

Und heute vor vier Jahren schoss sich Hunter S. Thompson eine Kugel in den Kopf.

Dienstag, 10. Februar 2009 – Fünfuhreinundfünfzig, zweikommazwei Grad. Hat wieder geschneit. Neblig.

Und? Immer noch Schmerzen?
Ja.
Na, dann ist ja alles gut.

Wie immer, wenn ich dem Tagebuch längere Zeit untreu gewesen bin, habe ich Skrupel, einfach nur aufzuschreiben, was gestern so passiert ist. Es ist wie bei den Schweigern in der Schulklasse. Wenn sie dann endlich mal wieder etwas sagen, sollte es aber auch Substanz haben, sonst ernten sie Gelächter.

Neuer Wirtschaftsminister wird Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg, ein Stiefenkel Joachim von Ribbentropps. Ein siebenunddreißigjähriger Typ, der schon mimisch mit den Stiefeln und der Peitsche knallt. Mein Gott, warum sind die bürgerlichen Regierungen nicht in der Lage ihre Ministerien mit entspannten, kultivierten, lässigen Bürgern zu besetzen?

Verheiratet ist der Mann mit Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen, die während ihres Studiums in einer Wohnung an den Champs-Elysees wohnte und zu einem Debütantinnenball in einer Barockrobe von Lacroix erschien. Aus diesem Anlaß von der Zeitschrift Gala zum Thema Geld befragt, antwortete sie: “In dieser Beziehung sind meine Eltern sehr streng. Sie halten mich kurz und ich lebe wie jede andere Studentin auch.”
Sollte ihr Gatte ähnliche Maßstäbe haben – und nichts spricht dagegen -, dürfen wir uns auf einige wirtschaftspolitische Obszönitäten in der Krise gefaßt machen.

Lektüre: Simon Beckett, Chemie des Todes

Am 10. Februar 1794 nahm sich der Priester Jacques Roux das Leben.